Orchideen-Luftwurzeln abschneiden – so machen Sie es richtig
Wenn das Wurzelwerk der Orchideen überhandnimmt, möchten viele Pflanzenliebhaber gerne direkt zur Schere greifen und dieses stutzen. Dem ist jedoch unbedingt abzuraten, denn die sogenannten Luftwurzeln sind überlebenswichtig für die Orchideen.
Nicht selten kommt es vor, dass das Wurzelwerk der Orchideen aus dem Topf schießt und das Erscheinungsbild der Pflanzen teilweise stört. Allerdings sollte dieses keinesfalls ohne weiteres abgeschnitten werden, denn dadurch könnten die Orchideen eingehen. Warum die Orchideen diese bizarren Wurzelstränge bilden, und wie diese am besten geschnitten werden, lesen Sie hier.
Orchideen-Luftwurzeln
Einige Orchideenarten, insbesondere die Phalaenopsis Orchideen, bilden sogenannte Luftwurzeln. Diese werden auch Haft- oder Atemwurzeln genannt und dienen der Nährstoffversorgung der Pflanze. Denn diese Wurzeln sind von einer schwammartigen Zellschicht (Velamen radicum) umgeben, welche die Aufnahme und Speicherung von Wasser erlaubt. Neben der Nährstoffversorgung bieten die Luftwurzeln der Pflanze zudem Halt und sorgen für zusätzliche Stabilität. Aufgrund dieser Eigenschaften ist es den Orchideen möglich, völlig ohne Substrat zu überleben und wachsen in der Natur daher oft auf Bäumen. Die wertvollen Haftwurzeln sind daher nicht nur äußerst nützlich, sondern nehmen zudem manchmal bizarre Formen an:
- wachsen in alle Richtungen
- Formen sich zu Schlingen
- verhaken sich ineinander
- schimmern leicht grünlich
- denn sie sind chlorophylltragend
Welche Luftwurzeln kürzen?
Wenn sich übermäßig viele Atemwurzeln bilden, leidet die Pflanze vorerst nicht darunter. Allerdings deutet ein ausgeprägtes Wachstum dieser Wurzeln auf Fehler in der Kultivierung hin. Insbesondere eine mangelnde Nährstoffversorgung lässt die Atemwurzeln förmlich sprießen: Denn die Orchideen bilden diese, um außerhalb des Substrates an Nährstoffe zu gelangen. Für die Orchideen sind die Atemwurzeln daher überlebenswichtig, weswegen sie nur mit höchster Vorsicht und unter bestimmten Voraussetzungen geschnitten werden sollten. Insbesondere der Schnitt von vitalen Atemwurzeln ist tunlichst abzuraten, denn dies könnte die Pflanze nachhaltig schädigen. Allerdings können folgende Wurzelstränge in der Regel problemlos entfernt werden:
- abgestorbenes Wurzelwerk
- dieses ist entweder völlig trocken oder matschig
- extrem vertrocknetes Wurzelwerk
Bei extrem vertrockneten Wurzelgeflechten ist es ratsam, dieses nicht direkt zu schneiden. Denn oftmals trocknen sie aufgrund einer zu niedrigen Luftfeuchtigkeit aus. Besser ist es, erst mal den Wasserdampfgehalt der Luft zu erhöhen, indem die Wurzeln mit lauwarmem Wasser besprüht werden. Alternativ hierfür lohnt sich das Aufstellen einer Verdunstungsschale oder eines Luftbefeuchters.
Materialbedarf
Um den Schnitt möglichst schonend zu gestalten, ist unbedingt scharfes Schneidwerkzeug erforderlich. Denn dadurch wird zum einen das Ausfransen der Schnittstellen vermieden und zum anderen werden Quetschungen vorgebeugt. Wer die Luftwurzeln kürzen möchte, sollte demnach nicht zu einer herkömmlichen Haushaltsschere greifen. Besser ist es, ausschließlich Schneidwerkzeug mit einer wirklich scharfen Klinge zu verwenden. Für das fachgerechte Schneiden der Atemwurzeln werden demnach folgende Utensilien benötigt:
- scharfes Schnittwerkzeug
- Messer, Skalpell oder Teppichmesser
- Wundverschlussmittel
- Sprühflasche
Zeitpunkt
Im Optimalfall werden die Haftwurzeln im Zuge des Umtopfens geschnitten, denn dadurch haben sie im neuen Gefäß ein größeres Platzangebot. Dies wiederum fördert die Bildung von neuen und gesunden Wurzelgeflechten. Wer das Wurzelwerk kürzen möchte, sollte zudem warten, bis sich die Pflanze in der Ruhephase befindet. Ein Schnitt außerhalb der Wachstums- und Blütezeit ist zudem aus folgenden Gründen am besten:
- Pflanze ist weniger anfällig
- verkraftet den Schnitt besser
- Bildung von Blütentriebe wird nicht beeinträchtigt
Vorbereitung
Bevor das Arbeitsmaterial zum Einsatz kommt, sollte dieses unbedingt desinfiziert werden. Hierfür gibt es verschiedene Methoden, wobei die Desinfizierung mittels hochprozentigem Alkohol oder kochendem Wasser am beliebtesten ist. Anschließend wird überprüft, ob die Atemwurzeln noch intakt sind. Gesunde Atemwurzeln lassen sich in der Regel an ihrer prallen glatten Oberfläche erkennen. Wer sich nicht sicher ist, ob das Wurzelwerk intakt ist, kann dies wie folgt testen:
- Wurzel mit Wasser besprühen
- färbt sie sich grün, ist sie gesund
- verfärbt sie sich nicht, ist sie krank oder abgestorben
Schneiden
Sind die etwaigen Vorbereitungen betroffen, kann mit dem Abschneiden der Atemwurzeln begonnen werden. Hierfür ist es zunächst erforderlich, die Pflanze aus dem Gefäß zu nehmen. Nicht selten kommt es vor, dass sich die Orchideen wahrlich festsetzen und sich nur schwer aus dem Topf entnehmen lassen. In solchen Fällen sollte die Pflanze keinesfalls mit Gewalt herausgezogen werden, denn dadurch könnte das Wurzelwerk Schaden nehmen. Besser ist es, das Gefäß vorsichtig aufzuschneiden und die Pflanze behutsam herauszunehmen. Das anschließende Abschneiden der Atemwurzeln gestaltet sich am besten wie folgt:
- Wurzelwerk von der Erde befreien
- Wurzelballen samt der Haftwurzeln in Wasser tauchen
- am besten kalkfreies Wasser
- dadurch wird das Wurzelgeflecht geschmeidig
- abgestorbene Stränge abschneiden
- vitales Wurzelwerk nur leicht ausdünnen
- keinesfalls ganz abschneiden
- Wundverschlussmittel anbringen
- Pflanze umtopfen
Tipp: Wenn eine intakte Luftwurzel unabsichtlich beschädigt wird, sollte die Schnittstelle mit hochwertigem Zimt versiegelt werden. Denn dieser schützt die Pflanze aufgrund seiner antibakteriellen Wirkung vor Keimen.
Umtopfen
Das Kürzen der Atemwurzeln sollte direkt mit dem Umtopfen der Pflanze verbunden werden. Am besten werden die Orchideen in einen durchsichtigen Spezialtopf gesetzt, denn dadurch erhält das Wurzelwerk mehr Licht. Zudem bringt ein transparentes Gefäß den Vorteil mit sich, dass das die Wurzeln ständig beobachtet und Pflegefehler rascher erkannt werden können. Bei der Wahl des passenden Topfes ist zudem darauf zu achten, dass dieser nicht zu groß ist, da das Wurzelgeflecht sonst keinen Halt findet. Außerdem trocknet das Substrat nach dem Gießen nicht rasch genug ab, wodurch die Wurzelfäulnis begünstigt wird. Ist das passende Gefäß vorhanden, kann die Pflanze wie folgt umgetopft werden:
- Drainage in den neuen Topf einarbeiten
- hierfür eignet sich Blähton
- eine etwa 2 bis 3 cm hohe Schicht auf das Abflussloch legen
- eine Schicht Erde in das Gefäß füllen
- Pflanze mitsamt den Haftwurzeln einsetzen
- Wurzelenden in den Topf legen
- Topf vorsichtig und stetig in eine Richtung drehen
- sodass sich die Wurzeln in den Topf hinein drehen
- Topf mit Erde befüllen
- mehrere Tage nicht bewässern, um Infektionen vorzubeugen
- denn so können sich die Wunden schließen
- etwa 1 Monat nicht düngen
Tipp: Um sicherzugehen, dass die Zwischenräume der Wurzeln möglichst gut mit Substrat befüllt sind, sollte das Gefäß zwischendurch immer wieder auf den Untergrund geklopft werden. Denn dadurch verteilt sich die Erde besser zwischen den einzelnen Wurzelsträngen.
Versiegeln
Das Versiegeln der Schnittwunden ist ein essenzieller Bestandteil der Pflegemaßnahmen nach dem Kürzen. Denn dadurch werden Infektionen vorgebeugt und der Heilungsprozess der Wunden unterstützt. Daher ist es ratsam, die Wunden direkt nach dem Schneiden mit einem Wundverschlussmittel zu behandeln. Hierfür eignen sich verschiedene Präparate:
- Kohle- oder Schwefelpulver
- bieten jedoch keinen dauerhaften Schutz
- hochwertiger Zimt
- professionelle Versiegelungspaste
1 Comments
Danke! der Beitrag ist sehr hilf- und aufschlussreich. Werde nun probieren ob es mir gelingt.
Angie