Kartoffelkäfer ganz natürlich bekämpfen
iesKartoffelkäfer tragen ihren Namen nicht umsonst: Sie lieben Kartoffeln heiß und innig – und fressen mit Vorliebe ihre Blätter. Dieses Verhalten macht sie nicht gerade beliebt. Zu allem Unglück sind die auffällig gelb-schwarz gestreiften Käfer auch noch fantastische Flieger, deshalb ist ihre Ausbreitung fast nicht zu verhindern. Das Ergebnis grenzt an eine Katastrophe: Sie vernichten in kurzer Zeit ganze Kartoffelfelder.
Kartoffeln stehen bei uns ganz oben auf der Liste der Grundnahrungsmittel. Jeder Deutsche verzehrt im Jahr mehr als 60 kg Kartoffeln und Kartoffelprodukte. So wundert es nicht, dass ein großer Teil der gewerblichen und auch privaten Nutzflächen für den Kartoffelanbau verwendet werden. Werden hier Kartoffelkäfer gesichtet, besteht dringender Handlungsbedarf. Doch wer Kartoffelkäfer bekämpfen will, sollte das nicht gleich mit der chemischen Keule, sondern mit Klugheit und Verstand machen. Denn: Ein Allheilmittel gegen Kartoffelkäfer gibt es nicht. Auch das übelste Gift hilft nicht in jedem Fall, da sich Kartoffelkäfer als überaus hartnäckig und widerspenstig herausgestellt haben. Am besten sind daher Methoden geeignet, die auf relativ natürliche Weise die Kartoffelkäfer bekämpfen.
Inhalte
Steckbrief
- wissenschaftlicher Name: Leptinotarsa decemlineata („Zehnstreifen-Leichtfuß“)
- Insektenfamilie: Blattkäfer (Chrysomelidae)
- Körperlänge: 7-15 mm
- auffällige Färbung als Warntracht vor Fressfeinden
- Körperfarbe: Gelb mit zehn dunklen Längsstreifen auf den Flügeldecken
- Schädigung von Nachtschattengewächsen wie Kartoffeln durch Fressaktivität
- scheiden bei Gefahr ein Wehrsekret aus
- zählen zu den bedeutenden Schädlingen in der Landwirtschaft
- stammen ursprünglich aus Colorado/USA
Entwicklung
Eine gezielte Bekämpfung des Kartoffelkäfers kann umso effektiver erfolgen, je besser der Gärtner mit dem Leben des Schädlings vertraut ist. Kartoffelkäfer legen im Juni mehrere Hundert Eier in Paketen von 20 bis 80 gelben Einzeleiern an der Blattunterseite von Kartoffelpflanzen oder anderen Nachtschattengewächsen ab. Nach etwa einer Woche schlüpfen die rötlich-braunen Larven mit schwarzen Köpfen und kleinen schwarzen Pünktchen an der Körperseite. Kartoffelkäferlarven wachsen sehr schnell heran und verkriechen sich zur Verpuppung nach zwei bis vier Wochen in die Erde. Die Kartoffelkäfer, die nach etwa zwei weiteren Wochen schlüpfen, bleiben jedoch noch für mindestens eine weitere Woche im Boden. So können sich im Jahr bis zu drei Generationen Kartoffelkäfer entwickeln. Zur Überwinterung verkriechen sich die Kartoffelkäfer in der Erde.
Schadbild
Die ersten beiden Larvenstadien des Kartoffelkäfers verursachen praktisch noch keinen nennenswerten Schaden an der Wirtspflanze. Erst die reiferen Larven sind die eigentlichen Schädlinge, die mit ihrer Fresstätigkeit so weit zum Kahlfraß führen, dass nur noch dickere Stängel der Kartoffelpflanze übrig bleiben.
- buchtige Einkerbungen an den Blatträndern oder Löcher in den Blättern, meist bleiben die dickeren Blattadern stehen
- im schlimmsten Fall ist die komplette Pflanze bis auf den Stängel und dickere Seitentriebe kahl gefressen (Skelettierfraß)
Identifikation
Um eine geeignete Bekämpfungsmaßnahme anzuwenden, muss zunächst der Schädling eindeutig identifiziert werden. Das ist bei Kartoffelkäfern relativ einfach:
- adulte Kartoffelkäfer: 7 bis 15 mm Länge, gelbe Farbe, je Flügel 5 schwarze Längsstreifen, schwarze Punkte auf dem Halsschild (keine Verwechslungsmöglichkeit gegeben)
- beim Umdrehen der Blätter finden sich gelbe bis orangefarbene Eipakete auf der Unterseite
- auf der Blattunterseite sitzen winzige, braunschwarze Larven
- auf den Blättern sitzen (in kleineren Gruppen) die rotbraunen Larven mit schwarzem Kopf und schwarzen Punkten an der Seite
Tipp: Kartoffelkäfer befallen nicht nur Kartoffeln, sondern auch Tomaten, Auberginen, Paprika und Tabakpflanzen. Eine regelmäßige Kontrolle dieser Pflanzen auf Eier, Larven und Käfer ist daher angebracht.
Effektivste Methode: Absammeln
Eine sehr wirkungsvolle, aber mühsame Art und Weise, sich der lästigen Kartoffelkäfer zu entledigen, ist sicherlich das Absammeln per Hand. Damit die Käfer nicht gleich wieder wegfliegen oder herauskrabbeln, empfiehlt sich zum Sammeln ein Glas mit Deckel oder ein Eimer, über den ein Tuch gestülpt wird. Der fleißige Sammler darf jedoch keinesfalls die Eier auf der Blattunterseite vergessen (gelbe Eipakete) und muss auch die Larven in allen Stadien von der Unterseite der Blätter streifen. Am besten funktioniert das Absammeln übrigens in den frühen Morgenstunden, dann sind die Larven weniger beweglich. Die Prozedur sollte in gewissen Abständen wiederholt werden. Zum Abtöten kann man zwar das Glas einfach mit geschlossenem Deckel so lange stehen lassen, bis die Kartoffelkäfer und ihre Nachkommen sterben, schneller geht es jedoch, wenn sie in eine offene Flamme oder auf die Feuerglut geworfen werden.
Die besten Hausmittel
Der Kartoffelkäfer gilt als einer der bedeutendsten Schädlinge in der Landwirtschaft. Vor allem bei trockener und warmer Witterung im Frühjahr und Sommer sind die Schäden an den Kartoffelpflanzen enorm. Landwirtschaftliche Betriebe greifen in der Regel auf Insektizide zurück, die allerdings oft in kürzester Zeit zu Resistenzen bei den Kartoffelkäfern führen. Verantwortungsbewusste Hobbygärtner sollten es sich zum obersten Ziel machen, gesunde und unbelastete Kartoffeln aus dem eigenen Garten zu ernten und die Kartoffelkäfer natürlich bekämpfen.
1. Gesteinsmehl oder Holzasche
Im Kampf gegen die Kartoffelkäfer können auch einfache Mittel wie Gesteinsmehl oder Holzasche helfen. Wer also seinen Grill anwirft, kann die Asche in einem Eimer sammeln und bei Gelegenheit auf die Kartoffelpflanzen streuen. Gesteinsmehl, auch Urgesteinsmehl genannt, ist prinzipiell nichts anderes als fein zermahlenes Gestein. Da das verwendete Gestein zu einem hohen Prozentsatz aus Kieselsäure besteht und zudem wichtige Nährstoffe für die Pflanzenkultur enthält, wird Urgesteinsmehl als natürlicher Dünger eingesetzt. Es hilft aber auch gegen Kartoffelkäfer. Beide Stoffe – trockene Holzasche oder Gesteinsmehl – werden frühmorgens per Hand über die Kartoffel- oder Tomatenpflanzen gestreut. Am besten, wenn die Pflanzen noch leicht feucht sind. Zudem stehen die Blätter zu diesem Zeitpunkt noch relativ senkrecht nach oben, sodass das Mehl auch auf die Blattunterseiten kommt. Den Pflanzen schadet Gesteinsmehl nicht, den Larven wird die Körperflüssigkeit entzogen und sie „verbrennen“.
Tipp: Das Ganze funktioniert auch mit getrocknetem Kaffeesatz, der auf die feuchten Blätter aufgestreut wird.
2. Minze und Farn
Als effektiv hat sich das Einsprühen mit Minze- oder Farnextrakten erwiesen. Zum Einsprühen mit der Blumenspritze wird eine Art Tee auf die Blattunterseiten aufgebracht. Wer diese Methode anwenden möchte, sollte natürlich einen größeren Busch Pfefferminze oder Farne im Garten haben, denen er zu diesem Zweck einige Triebe oder Wedel entnehmen kann. Für den Tee wird etwa ein halber Eimer voll Minze oder Farnwedel grob zerkleinert und mit 5 Litern kochendem Wasser übergossen. Nach dem Abkühlen seiht man die festen Bestandteile ab und verdünnt den „Tee“ im Verhältnis 1:10 mit kaltem Wasser (100 ml Tee plus 900 ml Wasser). Danach kann der Sud auf die Kartoffelpflanzen (Blattunterseite) gesprüht werden, am besten frühmorgens oder abends an einem regenfreien, aber nicht sehr heißen Tag.
Ökologische Bekämpfungsmethoden
Während die herkömmliche Landwirtschaft immer noch mit chemischen Insektiziden gegen den Kartoffelkäfer kämpft – und das mit mäßigem Erfolg, da die Kartoffelkäfer immer wieder gegen die Wirkstoffe resistent werden – sind Ökobauern anscheinend schon einen Schritt weiter und bekämpfen den Kartoffelkäfer mit natürlichen Mitteln. Diese Methoden erweisen sich langfristig effizient und vor allem umweltfreundlich. An ihnen sollte sich auch der Hobbygärtner orientieren.
1. Niemöl (Neemöl)
Als Schädlingsbekämpfungsmittel von vielen unterschiedlichen Firmen (wie Naturen Bio-Schädlingsfrei von Celaflor) auf dem Markt. Die Mittel enthalten Neemöl mit dem Wirkstoff Azadirachtin, das aus natürlich nachwachsenden Rohstoffen (Bestandteil aus dem Samen des Neembaumes) hergestellt wird. Der Wirkstoff ist nicht bienengefährlich und hat ein breites Wirkungsspektrum, jedoch nur auf die Gelege und nicht auf die Käfer. Deshalb möglichst kurz nach der Eiablage spritzen.
Tipp: Das Informationssystem Integrierte Pflanzenproduktion (www.isip.de) erhebt jedes Jahr eine Befallserhebung und Prognose für auftretende Kartoffelkäfer in Deutschland und gibt Ratschläge, wann regional gespritzt werden sollte. Anmeldung erforderlich (das System heißt SIMLEP).
2. Spezielle Bakterien
Ein spezielles Bakterium mit Namen Bacillus thuringiensis kommt von Natur aus auch im Boden vor. Diese Bakterienart tritt als Krankheitserreger mit Giftwirkung bei bestimmten Insekten auf, wie beispielsweise dem Kartoffelkäfer. So kann das Mittel gezielt auch gegen einen Befall mit Kartoffelkäfern eingesetzt werden, ohne Schadwirkung auf andere Tiere oder Organismen zu nehmen. Das Bakterium(beispielsweise in Novodor FC enthalten) lässt die Larven innerhalb von Stunden sterben. 1 Liter kostet etwa 18 Euro und reicht für etwa 3000 Quadratmeter.
Tipp: Im Übrigen sind die meisten Kartoffelkäfer gegen die früher so verbreitet eingesetzten, ungefährlichen Wirkstoffe aus der Chrysantheme (Pyrethrine genannt) weitestgehend resistent.
Der letzte Ausweg
Wenn nichts mehr hilft, kann auch Spinosad eingesetzt werden. Dieser Wirkstoff wird aus einem Bakterium gewonnen und ist im ökologischen Landbau zulässig. Allerdings ist das Mittel für Bienen gefährlich und sollte deshalb mit Bedacht eingesetzt werden.
Vorbeugende Maßnahmen
Bei der natürlichen und umweltbewussten Bekämpfung von Kartoffelkäfern geht es vor allem darum, der Plage langfristig Herr zu werden. Schon im Vorfeld kann einiges dafür getan werden, dass es gar nicht erst zu einem Befall mit Kartoffelkäfern kommt. Vorausschauende Hobbygärtner gehen das Problem also von allen Seiten an.
- niemals auf demselben Beet im Folgejahr wieder Kartoffeln anpflanzen
- Kartoffeln in Mischkultur anbauen: zwischen die Reihen immer wieder Kümmel, Meerrettich, Erbsen, Spinat oder Pfefferminze pflanzen (Mischkultur stärkt und schützt die Kartoffelpflanze)
- regelmäßig Unkraut beseitigen und zwischen den Reihen die Erde durchharken (nimmt den Larven den natürlichen Schutz)
- engmaschige Netze flächendeckend über die Beete spannen (verhindert das Eindringen adulter Kartoffelkäfer)
- Frühkartoffeln statt spätere Sorten anpflanzen (durch die geringere Reifezeit weniger anfällig für Kartoffelkäfer)
Tipps für Schnellleser:
Identifikation
- Käfer: 7-15 mm groß, gelb gefärbt mit schwarzen Streifen auf den Flügeln
- Eier: Gelege von 20-80 Stück, gelborange, auf der Blattunterseite
- Larven: je nach Stadium braun oder rot mit schwarzem Kopf und schwarzen Punkten auf der Seite
Effektivste Bekämpfungsmethode: Absammeln
Hausmittel
- Gesteinsmehl oder Holzasche
- getrockneter Kaffeesatz
- Brühe aus Minze oder Farn
Mittel im ökologischen Landbau
- Neemöl
- Bakterium Bacillus thuringiensis
- Spinosad (bienengefährlich)
Vorbeugung
- auf Fruchtfolge achten (nie im Folgejahr wieder auf das gleiche Beet Kartoffeln pflanzen)
- Mischkulturen mit Minze, Kümmel, Meerrettich oder Spinat
- feinmaschige Netze spannen
- Areal häufig harken und Unkraut entfernen
- Frühkartoffeln oder resistente Sorten anbauen
4 Comments
1:10 bedeutet 1 Teil von dem einen und 19 Teile von dem anderen, also bei deinem Tee Beispiel 100 ml Tee und 1000 ml (1 Liter) Wasser, das ergibt dann gesamt 1,1 Liter, nicht wie angegeben 100 ml Tee und 900 ml Wasser.
Hallo Anonymous,
danke für dein Feedback. Wir verdünnen unsere angesetzte Teemischung jedoch 1:10 und bei einer Verdünnung 1:10 werden 10 Teile einer Lösung auf 9 Teile Wasser ins Verhältnis gesetzt. So ergibt sich eine Lösung mit 100 ml Konzentrat + 900 ml Wasser = 1000 ml, die Endmenge ist also das 10-fache der Ausgangsmenge und entspricht 1 * 10 = 10 Teile. Bei einer Mischung 1:10 werden 10 Teile Wasser und 11 Teile einer Lösung angesetzt. 100 ml Lösung + 1000 ml Wasser = 1100 ml, die Summe der Anteile ergibt die Endmenge von 11 Teilen. Eine 1:1 Mischung entspricht demnach einer 1:2 Verdünnung.
Wir hoffen die Unterschiede sind etwas verdeutlicht worden und bringen dich weiter. Viel Spaß dir weiterhin beim Stöbern durch die Themenvielfalt von Talu.de!
Beste Grüße,
das Team von Talu.de
Sehr geehrte Damen und Herren,
Ihren Tipp mit Novodor FC finde ich ja toll. Das Mittel ist zugelassen (aktuell bis 2022), nicht bienen- und nützlingsgefährdend und biologisch. Allerdings versuche ich verzweifelt, eine Bezugsquelle zu finden, was mir aber nicht gelingt. Man sollte ja eigentlich meinen, es müsste im allgemeinen Interesse liegen, wenn diese Schädlinge auch auf kleinen Anbauflächen bekämpft werden. Können Sie mir da helfen, es ist wirklich sehr dringend, denn mit Absammeln werde ich der Plage nicht Herr.
In händeringender Verzweiflung und mit gärtnerischen Kampesgrüßen
Antje Rosenkranz
Hallo Antje,
danke für Dein Interesse an unserem Magazin. Wir haben einen Anbieter gefunden, der das Mittel Novodor FC vertreibt: https://www.biocontrol.ch/de_bc/novodor-3fc Ich hoffe, wir konnten weiterhelfen.
Beste Grüße,
das Team von Talu.de!