Bohrerarten-Tutorial – welchen Bohrer für welches Material?
Damit ein erforderliches Loch in der richtigen Form und genau an der korrekten Position verfügbar ist, bedarf es schon einiger Maßnahmen. Das richtige Werkzeug und eine angemessene Arbeitsweise sind dabei die besten Voraussetzungen für ein erfolgreiches Ergebnis.
Das Bohren von Löchern gehört wohl zu den häufigsten technischen Arbeiten in der Industrie, beim Baugewerbe und natürlich in den eigenen vier Wänden. Klassische Anwendungen für den ambitionierten Heimwerker sind zum Beispiel das Installieren einer Lampe, der Aufbau von Möbeln, das Aufhängen eines Spiegels oder die Reparatur von technischen Geräten. Da es heutzutage eine unüberschaubare Vielfalt bei der Ausrüstung zum Bohren von Löchern gibt, wollen wir Ihnen hierzu einen praktischen Überblick und entsprechende Tipps geben.
Inhalte
Allgemeines
Grundsätzlich benötigen Sie für diese Arbeiten eine Bohrmaschine, entweder mit Netzkabel oder eine Akku-Version. Da es für jedes Material, in das ein Loch gebohrt werden soll, ganz individuelle Anforderungen gibt, müssen diese Kriterien gleichermaßen von der Bohrmaschine erfüllt werden. Für den üblichen Gebrauch durch einen DIY-Anwender in seinem Eigenheim empfehlen wir ein handliches und solides Allround-Modell mit folgenden Eigenschaften:
- präzises Bohrfutter für einen Werkzeugdurchmesser von 1 bis 13 mm
- elektronische Drehzahlvorwahl sowie -regulierung
- Rechts- und Linkslauf
- Schlagbohrfunktion mit zwei Getriebestufen
Robuste Markengeräte erhält man mit dieser Ausstattung bereits für rund 100 Euro. Bei häufigen filigranen Arbeiten kann eine zusätzliche kleine und leichte Bohrmaschine sinnvoll sein. Wenn Sie regelmäßig harten Stahlbeton bearbeiten oder Außenfassaden renovieren wollen, wird ein leistungsstarker Bohrhammer eine gute Investition sein. Mit diesen Geräten erzielt man einen sehr effizienten Arbeitsfortschritt und sie sind technisch für den täglichen Dauerbetrieb konzipiert. Die entsprechenden Kosten liegen hier bei ca. 200 bis 600 Euro.
Bohrer für Stein und Beton
Für die meisten Dübelarbeiten an Decken und Wänden eignet sich der sogenannte Stein- bzw. Betonbohrer. Auffällig ist an diesem Werkzeug seine markante Spitze, die durch ein keilförmiges Plättchen aus Hartmetall gebildet wird, welches dort per Hartlötung befestigt ist. Einen qualitativ guten Betonbohrer erkennt man u.a. daran, dass der Durchmesser des eigentlichen Bohrers nur unwesentlich kleiner ist als die Breite des Hartmetalleinsatzes mit den beiden Schneiden. Diese Geometrie gewährleistet einen stabilen Festsitz und eine lange Standzeit.
Für das Bohren in hartes Mauerwerk oder Beton sind diese Schneiden grundsätzlich stumpf ausgeführt und zertrümmern das Material durch die Schlagbohrfunktion der Maschine. Angeschliffene Spitzen sind hierbei die Ausnahme und eignen sich eher für poröses Ziegelwerk und Fliesenmaterial – siehe Kapitel Universalbohrer. Die gängigen Größen der Betonbohrer sind die Durchmesser 4, 5, 6, 8, und 10 mm, die auch oft so als Set im Baumarkt erhältlich sind und damit zu den gebräuchlichen Dübelgrößen passen. So ein Bohrer-Sortiment erhalten Sie in den Fachgeschäften bereits für weniger als 10 Euro.
Für eine exakte Lochposition, speziell in Beton, bieten sich folgende Maßnahmen an:
- zur visuellen Kontrolle die Mitte mit einem großen Kreuz anzeichnen – 50 x 50 mm
- den Mittelpunkt mit leichten Schlägen ankörnen
- mit kleinem Durchmesser, geringer Drehzahl sowie anfangs ohne Schlagbohrfunktion vorbohren
Sitzt dieses Loch in der korrekten Position, können Sie es nun stufenweise und mit höherer Leistung bis zum gewünschten Durchmesser fertig bohren.
Hinweis: Bei Bohrarbeiten in hochfestem Stahlbeton kann die Bohrerspitze schon mal rot glühen. In diesem Fall sollten Abkühlpausen eingelegt werden, um die hartgelötete Verbindung der Schneide nicht zu zerstören.
Der passende Bohrerschaft
Normalerweise besitzt eine Bohrmaschine ein 3-Backenfutter mit Schnellverschluss oder einem Spannschlüssel. Damit können alle handelsüblichen Bohrer mit einem runden und glatten Zylinderschaft aufgenommen werden. Für die alltäglichen Heimwerkertätigkeiten mit den Werkstoffen Holz, Kunststoff, Metall und Mauerwerk ist das normalerweise auch ausreichend. Jedoch besteht beim Bohren in festen Stahlbeton manchmal das Problem, dass der Bohrer blockiert und im Bohrfutter „durchdreht“. Das kann dann zu Hitzeproblemen und Beschädigungen am Bohrer sowie am Bohrfutter führen. Um diesem Fall vorzubeugen gibt es auch formschlüssige Bohreraufnahmen. Hierbei muss man jedoch beachten, dass solche speziellen Bohrer in der Regel nur mit der passenden Aufnahme an der Bohrmaschine verwendbar sind.
Diese formschlüssigen Bohrerschäfte gibt es u.a. in folgenden Ausführungen:
- SDS-plus-Schaft
- Außenkantschaft in 4-Kant- und 6-Kant-Ausführung
- Zylinderschaft mit 3 Fasen
- ¼-Zoll-Sechskantschaft
Bohrer für Metall
Für ein Loch in einer Metallplatte verwendet man üblicherweise Spiralbohrer, die auch als Wendelnutbohrer bezeichnet werden. Die gebräuchlichste Ausführung besteht einheitlich aus Schnellarbeitsstahl (HSS) und besitzt eine kegelförmige Schneide, die wiederum einen Winkel von 118° bildet. Damit bohren Sie problemlos harten Stahl, weichere Metalle wie Kupfer und Aluminium und selbst für viele Kunststoffe und Holzarten kann man solche Spiralbohrer einsetzen. Diese Materialien besitzen in der Regel eine feste und glatte Oberfläche, weswegen vor dem Bohren ein Ankörnen absolut erforderlich ist. Da im Heimwerkerbereich meistens per Handbohrmaschine und nach Augenmaß gearbeitet wird, empfiehlt sich auch hier ein behutsames Vorbohren mit kleinen Durchmessern.
Ebenfalls sollten Sie dabei vorsorglich eine Schutzbrille tragen, denn bei diesem spanabhebenden Prozess werden kleine und scharfkantige Späne produziert. Außerdem besteht beim Bohren von Metallen die Gefahr, dass, vorrangig größere, Bohrer verkanten und das Werkstück mitdrehen. Beim Bohren von kleinen Blechteilen besteht eine nochmals größere Unfallgefahr durch Schnittverletzungen! Um diesen vorzubeugen, sollten Sie beim Arbeiten geeignete Schutzhandschuhe tragen und das Werkstück mittels Schraubstock oder Zwingen ausreichend fixieren. Für ein noch exakteres und sicheres Bohren kann ein Bohrständer in Verbindung mit einem Maschinenschraubstock verwendet werden. Dieses universelle Zubehör erhalten Sie ab ca. 150 Euro in allen Heimwerkermärkten und es dient hauptsächlich dazu, präzise und absolut senkrechte Bohrungen auszuführen.
Beim Arbeiten mit Spiralbohrern sollten, in Verbindung mit den entsprechenden Materialien, auch die angemessenen Drehzahlen eingehalten werden.
Prinzipiell gelten hierzu zwei Faustregeln:
- Bei weicheren Werkstoffen sind höhere Drehzahlen als bei harten Metallen möglich.
- Mit kleinen Bohrerdurchmessern können prinzipiell höhere Drehzahlen als mit größeren Bohrern gewählt werden.
Die Drehzahltabelle können Sie hier downloaden.
Der richtige Druck
Ein weiterer Einflussfaktor beim Einsatz von Wendelnutbohrern ist der ausgeübte Druck auf die Schneidspitze. Ist dieser zu groß und eventuell auch noch die Drehzahl zu hoch, kann der Bohrer anfangen zu glühen und dadurch beschädigt werden. Bei diesem „Ausglühen“ läuft die Spitze blau an, die Schneiden verlieren ihren Härtegrad und werden rasch stumpf. Als vorbeugende Maßnahme sollten also Druck und Drehzahl angemessen gewählt werden und es kann zudem ein kühlendes Schneidöl verwendet werden.
Spiralbohrer sind heutzutage Massenartikel und kosten nicht viel. Auch können sie, wie bereits erwähnt, sehr vielseitig eingesetzt werden. Bei den kleinen Durchmessern, von 1,0 bis ca. 4,0 mm, sollte beachtet werden, dass diese im Einsatz relativ schnell abbrechen können.
Daraus ergeben sich folgende Empfehlungen:
- in Ihrem Werkzeugschrank befindet sich ein vollständiges, 19-teiliges Sortiment mit Spiralbohrern der Größen 1,0; 1,5; 2,0 … bis 10,0 mm – kostet ca. 10 bis 30 Euro
- von den kleineren Durchmessern (1,0 bis 4,0 mm) sollten Sie immer einen zusätzlichen Vorrat verfügbar haben
Natürlich gibt es auf dem freien Markt speziell für Spiralbohrer unzählige Angebote – vom Billigprodukt bis hin zu sehr teuren Werkstofflegierungen. Auch hierzu sollten Sie sich an folgenden Empfehlungen orientieren:
- Hände weg von sehr billigen No-Name-Produkten
- ein bekanntes Markenprodukt (z.B. Bosch, Metabo, AEG, etc.) günstig zu erwerben, ist sicher eine gute Wahl
- teure Spezialbohrer lohnen in der Regel nur, wenn sie für ein Material unerlässlich sind und auch regelmäßig zum Einsatz kommen
Spiralbohrer nachschleifen
Da das Bohren von Metallwerkstoffen mit einem Spiralbohrer ein schneidender und spanabhebender Prozess ist, unterliegt natürlich die Schneide einer entsprechenden Abnutzung. Bei einem nur etwas stumpfen Bohrer kann man den Arbeitsfortschritt bis zu einem gewissen Grad durch einen höheren Druck noch ausgleichen. Die Alternative heißt bekanntermaßen „wegschmeißen und neu kaufen“, was hierbei sogar häufig die rationellste Lösung darstellt, da ein einzelner Spiralbohrer nicht viel kostet und bei korrekter Benutzung sehr lange halten kann. Eine 10 Stück-Packung einer kleinen Bohrergröße bekommen Sie in HSS-Qualität schon ab 2 Euro.
Selbstverständlich kann man einen stumpfen Wendelnutbohrer auch selber schärfen und es werden dafür auch diverse Hilfsmittel im Fachhandel angeboten. Schleifgeräte als Vorsätze für Bohrmaschinen erhält man bereits ab 10 Euro und eine hochwertige elektrische Version kostet beispielsweise 600 Euro.
Auch die Anwendung ist „prinzipiell recht einfach“, da normalerweise für die gängigen Bohrerdurchmesser entsprechende Öffnungen vorhanden sind. Andererseits kann man dabei aber auch viel falsch machen, denn bei den meisten Geräten werden beide Bohrerschneiden jeweils separat geschärft und die Lage der Schneide zum Schleifstein liegt im Ermessen bzw. im Übungsgrad des Anwenders. Aufgrund dieser freien Parameter können die Ergebnisse auch entsprechend schlecht ausfallen. Beispielsweise liegt die Spitze nach dem Schärfen nicht mehr zentrisch zum Bohrer oder die Schneiden haben unterschiedliche Winkel. Ebenfalls kann ein Bohrer beim Schleifen schnell ausglühen und dadurch stumpf und unbrauchbar werden. Das „freie Schleifen“ von Bohrern an einer Schleifscheibe ist ohnehin nur qualifizierten Fachkräften mit viel Erfahrung vorbehalten.
Als Fazit zu diesem Thema bleibt somit folgende Empfehlung:
- bei Bedarf ersetzen Sie einen stumpfen Bohrer durch einen neuen
- wenn Sie einen sehr hohen Verschleiß an Spiralbohrern haben und diese selber nachschleifen wollen, benötigen Sie ein professionelles Bohrerschärfgerät und einen sehr hohen Übungsgrad für ein zufriedenstellendes und rationelles Ergebnis
Bohrer für Holz
Wie bereits ausgeführt, lassen sich mit Spiralbohrern Löcher ebenfalls in Holzmaterialien bohren. Für gelegentliche Arbeiten ist das auch eine pragmatische Methode, wobei in diesem Fall die üblichen Maßnahmen beachtet werden sollten:
- Mittelpunkt großzügig anzeichnen
- Mitte ankörnen
- mit kleineren Durchmessern vorbohren
- nur neue bzw. scharfe Bohrer benutzen
- auf ausreichend hohe Drehzahl achten
Jedoch gibt es auch für das Holzgewerbe besondere Bohrer, die für ihre Aufgaben noch besser geeignet sind, als ein Wendelnutbohrer. Metallprodukte haben in der Regel eine homogene Konsistenz, wodurch es für den Bohrprozess keinen Unterschied macht, von welcher Seite und in welche Richtung die Bohrung verläuft. Holz dagegen ist ein Naturprodukt mit Fasern, Astlöchern und unterschiedlichen Festigkeiten. Im Wesentlichen weist der klassische Holzbohrer somit folgende Merkmale auf:
- er besitzt eine Zentrierspitze
- die beiden Schneiden liegen fast parallel zur Bohrfläche
- am Außendurchmesser des Bohrers sind die Schneiden etwas länger als im Innenbereich
Mit diesen speziellen Eigenschaften ausgestattet, können beim Arbeiten mit dem Holzbohrer das Ankörnen und Vorbohren entfallen. Nach dem genauen Ansetzen auf dem angezeichneten Lochmittelpunkt bohrt die Spitze ein kleines Loch und zentriert dadurch den Bohrer in der vorgegebenen Position. Anschließend kommen zuerst die äußeren Schneidkanten zum Einsatz, die einen exakten Kreis in die Holzoberfläche schneiden, ohne dass der Rand ausfasert. Beim folgenden Bohrprozess wird dann bei höherer Drehzahl das Holzmaterial im Lochbereich schichtweise herausgeschnitten.
Für größere Lochdurchmesser in Holzwerkstoffen verwendet man den sogenannten Forstnerbohrer, der auch bei handgeführten Bohrarbeiten eine gute Zentrierung bietet. Die ähnlichen Kunstbohrer bzw. Zylinderkopfbohrer werden dagegen eher in der automatisierten Holzindustrie eingesetzt.
Ein weiteres Holzwerkzeug ist der Flachfräsbohrer, den man umgangssprachlich auch als Spatenbohrer bezeichnet. Dieses einfache und günstige Werkzeug ist speziell im DIY-Bereich sehr beliebt, da sich damit schnell und einfach Aussparungen und Senklöcher, zum Beispiel für Scharniere, Fenstergriffe oder Türschlösser, herstellen lassen.
Universalbohrer
Immer das richtige und geeignete Werkzeug für die anfallenden Heimwerkertätigkeiten einzusetzen, ist sicher die beste Arbeitsweise. Aber es gibt natürlich auch noch andere Faktoren, die beim Do-it-Yourself-Hobby eine Rolle spielen. In den Anfängen fehlt oft das Geld oder man hat gerade vor Ort nur ein kleines Equipment dabei. In solchen Situationen kann ein Universalbohrer sehr hilfreich sein. Auf den ersten Blick sieht dieses Werkzeug wie ein Betonbohrer aus, jedoch sind hier die beiden Schneiden an dem Hartmetalleinsatz nun angeschliffen. Durch diesen feinen Unterschied können Sie, im Notfall oder als Kompromiss, mit nur einem Bohrertyp Löcher in Stein, Beton, Metall, Kunststoff und Holz bohren. Ebenfalls leistet der Universalbohrer gute Dienste, wenn Sie im Stahlbeton auf ein massives Bewehrungseisen treffen oder Löcher in alte Gemäuer mit integrierten Holzelementen gebohrt werden müssen.
Tipps für Schnellleser
- geeignete Bohrmaschine wählen
- vor dem Bohren den Werkstoff prüfen
- den passenden Bohrertyp verwenden
- vorbereitende Maßnahmen: anzeichnen, körnen und vorbohren
- mit den optimalen Drehzahlen arbeiten
- Schutzmaßnahmen beachten: Brille und Handschuhe
- stumpfe Bohrer eher ersetzen als selber schleifen
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